Bericht über den Versuch, die Zeit anzuhalten
Das Hotel „The Atlanta“ in Bangkok, welches seit seiner Eröffnung 1952 nahezu unverändert erhalten ist, findet sich im Zentrum dieser Beobachtung. Ein Ort, der sich weigerte, sich den Zeiten und neuen Erfordernissen anzupassen, hat dadurch mittlerweile zu seiner eigenen Identität gefunden und zelebriert diese Verweigerung. Können wir – mit dem Mantra ewigen Wachstums und damit verbundener Widersprüche – davon etwas lernen? Wie lässt sich Stillstand positiv gestalten und entsteht gerade dadurch etwas Wertvolles? Welche Rolle könnte Kultur dabei spielen?
Durch die Tür betritt man eine Kulisse für ein Bühnenstück, dessen Regeln aus alten Filmen zu erahnen sind und die mit den Protagonisten im Raum durchspielt werden. Das Hotel ist eine architektonische Verweigerung moderner Zeiten, ein Speicher für Erzählungen aus Jahrzehnten. Hier gibt – in Gedanken – der erschöpfte US-Soldat aus dem Vietnamkrieg dem Ukrainer Feuer, stolpert dabei über einen Backpacker, der wiederum einem ungleichen Paar ausweicht, dass nach einem Stundenhotel sucht. Dieser Ort ist auch Abbild der Entwicklung des Tourismus in Thailand – von der elitären Kolonialtour über Sextourismus bis hin zum billigen Massentourismus. Wie in einem Museum werden Erzählungen aufbewahrt, um von Gästen gelesen und weiter gedacht, weiter erzählt zu werden. Auch der deutsch-jüdisch-stämmige Gründer des Hotels spielt hier noch seine Rolle: als erfolgreicher oder gescheiterter Geschäftsmann, als Auswanderer bzw. Einwanderer, schillernder Prominenter und möglicherweise als Hochstapler. Welche der Geschichten belegbar und wahr ist und welche nicht, spielt eigentlich keine Rolle für die Zeitmaschine. Vielleicht ist es gerade dieses Unscharfe, Spekulative, Gleichzeitige, dass den Reiz seiner Geschichte ausmacht.
Projektentwicklung
Als erster Schritt steht für mich die Projektentwicklung und Recherche, hoffentlich mit einem ersten Drehaufenthalt im Dezember als Abschluss. Weitere Drehaufenthalte wären im Laufe des nächsten Jahres notwendig. Geplant ist zunächst eine Fassung als Videoinstallation, möglichst auch in Bangkok in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut. Anschließend geplant sind Screenings auf Filmfestivals mit Dokumentar- und Experimentalfilmwettbewerben.
Perspektiven durch das Stipendium
Allgemeine, drängende Fragen anhand eines außereuropäischen Ortes zu formulieren, könnte mir, der bisher meist europäische Orte und Kultur dafür nutzte, neue Perspektiven ermöglichen. Dabei setzt das Projekt eine längere Reihe an Filmen und Projekten fort, bei denen ich Architektur als Träger von Geschichten nutze und ein Format weiter entwickle, dass zwischen Dokumentar- und ästhetisch-spekulativem Experimentalfilm angesiedelt ist. Das Stipendium gäbe mir die Möglichkeit, an diesem weit entfernten Ort auch ein längeres Filmprojekt umzusetzen, was ohne entsprechende Unterstützung nicht möglich wäre.